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Text File  |  1992-09-01  |  9KB  |  160 lines

  1.  
  2.  
  3.     -----------------------------------------------------------------------
  4.     |                       Die Pielago-Story                             |
  5.     -----------------------------------------------------------------------
  6.  
  7.  
  8.     Was macht ein PD-Programmierer, dem Ruhm, Ehre und Ideale zu wenig
  9.     werden, um dafür zu arbeiten ? Ganz einfach : er setzt sich hin und
  10.     entwickelt ein LowCost-Programm. Zwei Grafiker im Bekanntenkreis
  11.     gesucht, mit einem weiteren Politik-Interessierten das Spielprinzip
  12.     ausgearbeitet und nach etwa einem Jahr Programmierarbeit steht
  13.     die Endversion einer schnuckeligen Politiksimulation der Parteien
  14.     der BRD.
  15.     Nun bringt das Programmieren eines LowCost-Programmes eigentlich
  16.     nicht so viel, im Gegenteil, es entstehen einigen Kosten. Also
  17.     schaut man sich nach einem Vertrieb für das Progrämmchen um und
  18.     schon bald fällt der Blick auf schöne große (damals noch) Anzeigen
  19.     eines Kölner Softwarehandels in diversen Amiga-Magazinen : Pielago
  20.     Software verkündet, daß man "Ihre Programme zur kommerziellen
  21.     Vermarktung" kauft. Was will man mehr. Also einen schönen Brief
  22.     fertiggemacht, die Anleitung ausgedruckt und ein Exemplar des
  23.     guten Stücks beigelegt.
  24.  
  25.     Und siehe da - bald darauf erfolgt ein Anruf - Pielago hat Interesse
  26.     an dem Programm, nur die Grafik gefällt ihm nicht. Also nochmal
  27.     hingesetzt und die Grafik überarbeitet und schon bald hält der
  28.     fleißige Programmierer eine neue Version in Händen, die sich auch
  29.     relativ fix auf dem Postwege nach Köln befindet.
  30.  
  31.     Jetzt geht es blitzschnell - schon einen Monat später erscheint ein
  32.     Test in der AmigaSpecial - 75 % gibt es für das Programm inklusive einer
  33.     Silbermedaille. Auch ein Brief von Pielago flattert ins Haus, in dem
  34.     er die ausgehandelten Bedingungen schriftlich fixiert (5 DM pro
  35.     verkauftes Exemplar) und "1990" offiziell in sein Angebot übernimmt.
  36.     Obwohl der Brief vom 03.02.1991 ist, bezieht er sich auf ein
  37.     Telefonat vom 11.11.91 (!!!) und stellt die erste Abrechnung
  38.     (die vierteljährlich erfolgen sollen) für Ende Mai 1990 (!!!) in
  39.     Aussicht.
  40.     Auch fragt Pielago-Soft an, ob man denn nicht eine verbesserte
  41.     Version programmieren würde, die man dann gerne ins Angebot übernähme.
  42.  
  43.     Nun beginnt der traurige Teil des Dramas.
  44.  
  45.     Da ich zu dieser Zeit für das GAmiga-Magazin meine Erfahrungen mit
  46.     PD-Händlern niederschrieb, erwähnte ich auch in diesem Zusammenhang,
  47.     daß ein Spiel von mir von Pielago-Soft vertrieben würde. In der
  48.     nächsten Ausgabe des Mags erzählte Peter von seinen Erfahrungen
  49.     mit PD-Händlern und zog in Sachen Pielago ein mehr als negatives
  50.     Fazit, schließend mit den Worten : "hast Du denn schon Dein Geld ?".
  51.  
  52.     In der Tat, ich hatte zu dem Zeitpunkt Null komma Garnichts, obwohl
  53.     es schon Juni war. Auch gab es interessante Schwankungen in den
  54.     Aussagen von Pielago-Soft über die Anzahl der verkauften
  55.     Exemplare. So teilte mir Herr Pielagos Bruder am 07.06. mit, es
  56.     seien 55 Exemplare verkauft worden, obwohl Herr Pielago selbst
  57.     bereits im April von 65 verkauften "1990"s gesprochen hatte.
  58.  
  59.     Interessant war auch ein Schreiben eines Käufers von "1990".
  60.     Er hatte 1. eine uralte Version erhalten (in den "normalen"
  61.     war meine Adresse überhaupt nicht mehr drin), auf der noch nicht
  62.     einmal eine Anleitung zu finden war und 2. eine virenverseuchte Disk
  63.     gehabt. Er beteuerte, den Virus auf der Originaldisk gefunden zu
  64.     haben. Herr Pielago nannte dies eine Unmöglichkeit.
  65.  
  66.     Nichtsdestotrotz gingen die Wochen ins Land. Nach zahlreichen
  67.     Telefongesprächen, in denen ich stets vertröstet wurde (nach
  68.     meinen Informationen bin ich da nicht der einzige gewesen),
  69.     teilte mir Herr Pielago dann mit, daß er nicht mehr Besitzer von
  70.     Pielago-Soft sei, sondern der Colonia-Computerclub den Laden
  71.     übernommen hätte und dieser mich in einem veränderten Modus auszahlen
  72.     würde. Außerdem teilte er mir 113 verkaufte Spiele mit - 565 DM für
  73.     mich. Nun am Ende meiner Geduld und von meinem glücklicherweise in
  74.     solchen Sachen sehr energischen Vater angetrieben, forderte ich den
  75.     angeblichen neuen Besitzer auf, das Geld unverzüglich auf mein
  76.     Konto zu überweisen. Ansonsten drohte ich mit einem Zahlungsbefehl.
  77.  
  78.     Nachdem der Mahnbescheid (= Zahlungsbefehl) wirkungslos blieb (bis
  79.     auf einen überwiesenen Hunderter und viele Telefongespräche) erging
  80.     dann am 26.11.1991 ein Vollstreckungsbescheid gegen Udo Pielago.
  81.     Die Zwangsvollstreckung verlief jedoch erfolglos, es stellte sich
  82.     heraus, daß Herr Pielago von der Sozialhilfe lebte, was ihn aber nicht
  83.     daran hinderte, in diversen Magazinen Anzeigen zu setzen und auch
  84.     noch "1990" zu verkaufen, obwohl er noch im Januar 1992 behauptete,
  85.     kein weiteres Exemplar mehr verkauft zu haben.....
  86.     Dies konnten wir ihm jedoch wiederlegen, da wir durch einige Kanäle
  87.     ein Exemplar bestellt hatten, was auch kam - eine NoName-Disk mit
  88.     schlecht gedrucktem Aufkleber und Pielago-Soft-Vorspann (wobei er dafür
  89.     einen Teil der Titelgrafik übernommen hat). Das macht Materialkosten
  90.     von ca. 1.10 DM, hinzukommen vielleicht 2.- DM Arbeitsaufwand.
  91.     Bei 29.90 DM Verkaufspreis (ohne Porto, für das er - immerhin inkl.
  92.     Verpackung nur 9.80 DM berechnete) ein ganz guter Schnitt, besonders
  93.     wenn man dann auch noch die 5.- DM des Programmierers einspart....
  94.  
  95.     Nachdem Peter mir schriftlich bestätigen konnte, daß auch er
  96.     negative Erfahrungen mit Pielago-Soft (und das nicht zu knapp)
  97.     gemacht hatte, erstattete ich am 27.01.1992 Strafanzeige gegen
  98.     Udo Pielago bei der Staatsanwaltschaft Köln wegen Betrugs.
  99.  
  100.     Auf eine Anfrage meines Rechtsanwalts und des endgültigen Verbots,
  101.     "1990" weiter zu verkaufen, hin, flatterte mal wieder ein Brief
  102.     von Pielago Software ins Haus und zwar in Sachen "Wolfgang Neumann"
  103.     (in meiner ganzen Familie gibt es niemanden, der Wolfgang heißt).
  104.     Demzufolge ist Pielago-Software 1989 mit Hilfe des Sozialamtes Köln und
  105.     Krediten der Raiffeisenbank Köln aufgebaut worden und hat sich zum
  106.     Flop entwickelt. Dieser Bank seien nun auch alle Geschäftsutensilien
  107.     sicherheitsübereignet, Herr Pielago hatte sich ein wenig mit den
  108.     Krediten übernommen.
  109.     Um nochmal Luft schnappen zu können, schlug Herr Pielago eine
  110.     Ratenzahlung von monatlich 50.- DM vor, worauf auch bald eine
  111.     Überweisung von 100.- DM (??!!) folgte.
  112.  
  113.     Es folgte ein knackiger Brief meines Rechtsanwaltes, in dem das
  114.     Ratenzahlungsangebot abgelehnt wurde und nochmals auf die
  115.     von Herrn Pielago dezent übergangene Auskunft über die Zahl der
  116.     verkauften Exemplare hingewiesen wurde, da man Beweise über
  117.     den weiteren Verkauf habe. Außerdem erfolgte eine Ladung zur
  118.     eidesstattlichen Versicherung.
  119.  
  120.     Daraufhin trudelte blitzschnell ein bitterböser Brief von Udo Pielago
  121.     ein. Anstatt - was vernünftig gewesen wäre - endlich zu zahlen,
  122.     erklärte er nun 114 Exemplare für verkauft (kein Kommentar), kündigte
  123.     die Zahlung von weiteren 100.- DM an und - jetzt kommt's !! - kündigte
  124.     eine Klage gegen mich wegen "Verleumdung, uebler Nachrede und
  125.     Geschaeftsschaedigung" an. Na ja, jeder wie er will....
  126.     Bis heute hat sich keine Staatsanwaltschaft bei mir gemeldet.
  127.  
  128.     Die Hundert Mark kamen dann wirklich und dann bis heute nichts mehr ...
  129.  
  130.     Im Gegenteil, Herr Pielago erklärte die eidesstattliche Erklärung
  131.     für überflüssig, da er die ausstehende Summe in drei Teilbeträgen
  132.     angeblich bereits überwiesen habe...
  133.  
  134.     Daraufhin erließ mein Anwalt Haftbefehl, der letztendlich aber nicht
  135.     ausgeführt werden mußte, da es Herr Pielago am 22.06.1992 dann doch
  136.     vorzog, die geforderte eidesstattliche Versicherung über seine
  137.     Vermögensverhältnisse abzugeben. Aus dieser ging hervor, daß
  138.     ich nicht der einzige Gläubiger Herrn Pielagos bin. Pech hatte auch
  139.     die Firma ABM-Computer in Köln.
  140.     Auf Anraten meines Anwaltes übernehme ich in der Sache nichts mehr.
  141.     Die Kosten für mich schätze ich auf 300-400 DM, was alles, was
  142.     Pielago-Soft herausrückte locker auffressen wird. Die Rechnung wird in
  143.     den nächsten Tagen kommen. Und das alles ganz abgesehen von
  144.     über einem Jahr Arbeit, dem ganzen Ärger, persönlicher Enttäuschung
  145.     und und und.
  146.  
  147.     Ich kann nur jedem Programmierer wünschen, daß er nicht an so einen
  148.     Softwareversand gerät.
  149.  
  150.                                          © 1992 by Andreas Neumann
  151.  
  152.     Man merke, wie ich durch geschicktes Wechseln von "der Programmierer"
  153.     und "ich" den Leser gleichzeitig allgemein und speziell informiere,
  154.     was durch die starke Metaphorik und Symbolik des Textes, der klaren
  155.     Rythmik und der vielen Akzentuierungen blablabla
  156.  
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  159.  
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