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Text File
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1992-09-01
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9KB
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160 lines
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| Die Pielago-Story |
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Was macht ein PD-Programmierer, dem Ruhm, Ehre und Ideale zu wenig
werden, um dafür zu arbeiten ? Ganz einfach : er setzt sich hin und
entwickelt ein LowCost-Programm. Zwei Grafiker im Bekanntenkreis
gesucht, mit einem weiteren Politik-Interessierten das Spielprinzip
ausgearbeitet und nach etwa einem Jahr Programmierarbeit steht
die Endversion einer schnuckeligen Politiksimulation der Parteien
der BRD.
Nun bringt das Programmieren eines LowCost-Programmes eigentlich
nicht so viel, im Gegenteil, es entstehen einigen Kosten. Also
schaut man sich nach einem Vertrieb für das Progrämmchen um und
schon bald fällt der Blick auf schöne große (damals noch) Anzeigen
eines Kölner Softwarehandels in diversen Amiga-Magazinen : Pielago
Software verkündet, daß man "Ihre Programme zur kommerziellen
Vermarktung" kauft. Was will man mehr. Also einen schönen Brief
fertiggemacht, die Anleitung ausgedruckt und ein Exemplar des
guten Stücks beigelegt.
Und siehe da - bald darauf erfolgt ein Anruf - Pielago hat Interesse
an dem Programm, nur die Grafik gefällt ihm nicht. Also nochmal
hingesetzt und die Grafik überarbeitet und schon bald hält der
fleißige Programmierer eine neue Version in Händen, die sich auch
relativ fix auf dem Postwege nach Köln befindet.
Jetzt geht es blitzschnell - schon einen Monat später erscheint ein
Test in der AmigaSpecial - 75 % gibt es für das Programm inklusive einer
Silbermedaille. Auch ein Brief von Pielago flattert ins Haus, in dem
er die ausgehandelten Bedingungen schriftlich fixiert (5 DM pro
verkauftes Exemplar) und "1990" offiziell in sein Angebot übernimmt.
Obwohl der Brief vom 03.02.1991 ist, bezieht er sich auf ein
Telefonat vom 11.11.91 (!!!) und stellt die erste Abrechnung
(die vierteljährlich erfolgen sollen) für Ende Mai 1990 (!!!) in
Aussicht.
Auch fragt Pielago-Soft an, ob man denn nicht eine verbesserte
Version programmieren würde, die man dann gerne ins Angebot übernähme.
Nun beginnt der traurige Teil des Dramas.
Da ich zu dieser Zeit für das GAmiga-Magazin meine Erfahrungen mit
PD-Händlern niederschrieb, erwähnte ich auch in diesem Zusammenhang,
daß ein Spiel von mir von Pielago-Soft vertrieben würde. In der
nächsten Ausgabe des Mags erzählte Peter von seinen Erfahrungen
mit PD-Händlern und zog in Sachen Pielago ein mehr als negatives
Fazit, schließend mit den Worten : "hast Du denn schon Dein Geld ?".
In der Tat, ich hatte zu dem Zeitpunkt Null komma Garnichts, obwohl
es schon Juni war. Auch gab es interessante Schwankungen in den
Aussagen von Pielago-Soft über die Anzahl der verkauften
Exemplare. So teilte mir Herr Pielagos Bruder am 07.06. mit, es
seien 55 Exemplare verkauft worden, obwohl Herr Pielago selbst
bereits im April von 65 verkauften "1990"s gesprochen hatte.
Interessant war auch ein Schreiben eines Käufers von "1990".
Er hatte 1. eine uralte Version erhalten (in den "normalen"
war meine Adresse überhaupt nicht mehr drin), auf der noch nicht
einmal eine Anleitung zu finden war und 2. eine virenverseuchte Disk
gehabt. Er beteuerte, den Virus auf der Originaldisk gefunden zu
haben. Herr Pielago nannte dies eine Unmöglichkeit.
Nichtsdestotrotz gingen die Wochen ins Land. Nach zahlreichen
Telefongesprächen, in denen ich stets vertröstet wurde (nach
meinen Informationen bin ich da nicht der einzige gewesen),
teilte mir Herr Pielago dann mit, daß er nicht mehr Besitzer von
Pielago-Soft sei, sondern der Colonia-Computerclub den Laden
übernommen hätte und dieser mich in einem veränderten Modus auszahlen
würde. Außerdem teilte er mir 113 verkaufte Spiele mit - 565 DM für
mich. Nun am Ende meiner Geduld und von meinem glücklicherweise in
solchen Sachen sehr energischen Vater angetrieben, forderte ich den
angeblichen neuen Besitzer auf, das Geld unverzüglich auf mein
Konto zu überweisen. Ansonsten drohte ich mit einem Zahlungsbefehl.
Nachdem der Mahnbescheid (= Zahlungsbefehl) wirkungslos blieb (bis
auf einen überwiesenen Hunderter und viele Telefongespräche) erging
dann am 26.11.1991 ein Vollstreckungsbescheid gegen Udo Pielago.
Die Zwangsvollstreckung verlief jedoch erfolglos, es stellte sich
heraus, daß Herr Pielago von der Sozialhilfe lebte, was ihn aber nicht
daran hinderte, in diversen Magazinen Anzeigen zu setzen und auch
noch "1990" zu verkaufen, obwohl er noch im Januar 1992 behauptete,
kein weiteres Exemplar mehr verkauft zu haben.....
Dies konnten wir ihm jedoch wiederlegen, da wir durch einige Kanäle
ein Exemplar bestellt hatten, was auch kam - eine NoName-Disk mit
schlecht gedrucktem Aufkleber und Pielago-Soft-Vorspann (wobei er dafür
einen Teil der Titelgrafik übernommen hat). Das macht Materialkosten
von ca. 1.10 DM, hinzukommen vielleicht 2.- DM Arbeitsaufwand.
Bei 29.90 DM Verkaufspreis (ohne Porto, für das er - immerhin inkl.
Verpackung nur 9.80 DM berechnete) ein ganz guter Schnitt, besonders
wenn man dann auch noch die 5.- DM des Programmierers einspart....
Nachdem Peter mir schriftlich bestätigen konnte, daß auch er
negative Erfahrungen mit Pielago-Soft (und das nicht zu knapp)
gemacht hatte, erstattete ich am 27.01.1992 Strafanzeige gegen
Udo Pielago bei der Staatsanwaltschaft Köln wegen Betrugs.
Auf eine Anfrage meines Rechtsanwalts und des endgültigen Verbots,
"1990" weiter zu verkaufen, hin, flatterte mal wieder ein Brief
von Pielago Software ins Haus und zwar in Sachen "Wolfgang Neumann"
(in meiner ganzen Familie gibt es niemanden, der Wolfgang heißt).
Demzufolge ist Pielago-Software 1989 mit Hilfe des Sozialamtes Köln und
Krediten der Raiffeisenbank Köln aufgebaut worden und hat sich zum
Flop entwickelt. Dieser Bank seien nun auch alle Geschäftsutensilien
sicherheitsübereignet, Herr Pielago hatte sich ein wenig mit den
Krediten übernommen.
Um nochmal Luft schnappen zu können, schlug Herr Pielago eine
Ratenzahlung von monatlich 50.- DM vor, worauf auch bald eine
Überweisung von 100.- DM (??!!) folgte.
Es folgte ein knackiger Brief meines Rechtsanwaltes, in dem das
Ratenzahlungsangebot abgelehnt wurde und nochmals auf die
von Herrn Pielago dezent übergangene Auskunft über die Zahl der
verkauften Exemplare hingewiesen wurde, da man Beweise über
den weiteren Verkauf habe. Außerdem erfolgte eine Ladung zur
eidesstattlichen Versicherung.
Daraufhin trudelte blitzschnell ein bitterböser Brief von Udo Pielago
ein. Anstatt - was vernünftig gewesen wäre - endlich zu zahlen,
erklärte er nun 114 Exemplare für verkauft (kein Kommentar), kündigte
die Zahlung von weiteren 100.- DM an und - jetzt kommt's !! - kündigte
eine Klage gegen mich wegen "Verleumdung, uebler Nachrede und
Geschaeftsschaedigung" an. Na ja, jeder wie er will....
Bis heute hat sich keine Staatsanwaltschaft bei mir gemeldet.
Die Hundert Mark kamen dann wirklich und dann bis heute nichts mehr ...
Im Gegenteil, Herr Pielago erklärte die eidesstattliche Erklärung
für überflüssig, da er die ausstehende Summe in drei Teilbeträgen
angeblich bereits überwiesen habe...
Daraufhin erließ mein Anwalt Haftbefehl, der letztendlich aber nicht
ausgeführt werden mußte, da es Herr Pielago am 22.06.1992 dann doch
vorzog, die geforderte eidesstattliche Versicherung über seine
Vermögensverhältnisse abzugeben. Aus dieser ging hervor, daß
ich nicht der einzige Gläubiger Herrn Pielagos bin. Pech hatte auch
die Firma ABM-Computer in Köln.
Auf Anraten meines Anwaltes übernehme ich in der Sache nichts mehr.
Die Kosten für mich schätze ich auf 300-400 DM, was alles, was
Pielago-Soft herausrückte locker auffressen wird. Die Rechnung wird in
den nächsten Tagen kommen. Und das alles ganz abgesehen von
über einem Jahr Arbeit, dem ganzen Ärger, persönlicher Enttäuschung
und und und.
Ich kann nur jedem Programmierer wünschen, daß er nicht an so einen
Softwareversand gerät.
© 1992 by Andreas Neumann
Man merke, wie ich durch geschicktes Wechseln von "der Programmierer"
und "ich" den Leser gleichzeitig allgemein und speziell informiere,
was durch die starke Metaphorik und Symbolik des Textes, der klaren
Rythmik und der vielen Akzentuierungen blablabla